Clara Meyer zu Altenschildesche zur (Un-)Sichtbarkeit innovativer Frauen in den Medien

25. März 2024

Clara Meyer zu Altenschildesche

Clara Meyer zu Altenschildesche

Medien und Journalismus


Frauen werden oft als zurückhaltend, wenig vermarktungsorientiert und sorgfältig beschrieben. Gleichzeitig sollen Expert*innen Redegewandtheit, eine gewisse Erscheinung und knappe, klare Antworten mitbringen. Welche Auswirkungen die (Un-)Sichtbarkeit von Innovatorinnen in den Medien hat und wie sich die Sichtbarkeit steigern lässt, erzählt Clara Meyer zu Altenschildesche im Interview.

Clara Meyer zu Altenschildesche ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Journalismus und Public Relations der Westfälischen Hochschule. Hier verantwortet sie die Bereiche Kommunikationsforschung und -management im Forschungsprojekt Westfälische Erfinderinnen.

Verfolgt man Berichte über Innovationen in Fernsehen, Radio oder Zeitschriften, so ist vor allem eins zu sehen: Männer. Warum sind innovative Frauen so selten in den Medien vertreten?

Die (Un-)Sichtbarkeit von Innovatorinnen in den Medien lässt sich durch eine Vielzahl komplexer Gründe erklären. Die Innovations- und Genderforschung sowie unsere eigenen Untersuchungen zeigen, dass die Vorstellungen von Innovation auf Annahmen beruhen, die bestimmte Aspekte des Konstrukts von Männlichkeit als Norm voraussetzen und vor allem technisch geprägt sind. In meinen Befragungen gaben die meisten Journalist*innen an, dass sie vor allem technische Neuerungen und Entwicklungen aus dem Start-up-Bereich als innovativ betrachten. Dadurch haben es Frauen, die verstärkt in sozialen Bereichen und im Dienstleistungssektor innovativ tätig sind, von Anfang an schwerer, in den Medien sichtbar zu werden.

Stereotype spielen ebenfalls eine Rolle, zum Beispiel bei der Auswahl von Expert*innen. In den von mir geführten Interviews wurden Frauen oft als zurückhaltend, wenig vermarktungsorientiert und sorgfältig beschrieben. Gleichzeitig wurde betont, was ein*e Expert*in mitbringen müsse: Redegewandtheit, eine gewisse Erscheinung und knappe, klare Antworten. Hier zeigt sich ein klarer Kontrast.

Welche Folgen hat diese mediale Unsichtbarkeit? Was würde eine gesteigerte und gleichberechtigte Sichtbarkeit von Frauen in den Medien bewirken?

Medien spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung gesellschaftlicher Diskurse. Sie machen unterschiedliche Perspektiven öffentlich sichtbar. In Zeiten, in denen wir auf Innovationen angewiesen sind, um Lösungsansätze für Herausforderungen wie den Klimawandel zu entwickeln, können wir es uns nicht länger leisten, auf das Innovationspotenzial von Frauen zu verzichten – die bisher in Innovationskontexten deutlich unterrepräsentiert sind. Hier brauchen wir mehr sichtbare weibliche Vorbilder. Denn diese können bei jungen Frauen verstärkt Inspirationseffekte auslösen und letztlich ihre Karriereplanung beeinflussen. Die Medien haben die Möglichkeit, diese wichtigen weiblichen Vorbilder sichtbar zu machen.

Wie lässt sich die mediale Sichtbarkeit von Expertinnen steigern? Welche Erkenntnisse haben Sie im Rahmen Ihrer Forschung gewonnen?

Hier gibt es keine einheitliche Lösung. In meiner Befragung wurde deutlich, dass die Medien unter enormem Zeitdruck stehen. Daher ist es wichtig, sie bestmöglich bei der Vorbereitung ihrer Berichterstattung zu unterstützen, z. B. durch die Bereitstellung von Bildmaterial und gut aufbereiteten Pressetexten sowie durch eine gut organisierte Erreichbarkeit.

Darüber hinaus ist die proaktive Vernetzung mit den Medien entscheidend. Hier gilt es, Kontakte zu knüpfen, auf sich aufmerksam zu machen und es auch nach einer Absage einfach noch einmal zu versuchen.

Um nachhaltig Veränderung zu erreichen, müssen wir jedoch weg von individuellen Ansätzen kommen und stärker hin zu einer strukturellen Veränderung gehen, bei der die Steigerung der Sichtbarkeit nicht mehr nur von einzelnen Personen ausgeht. 

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