Stefanie Menke im Interview über die Mobilitätswende und das Mobilitätsnetzwerk Bildung

24. April 2024

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Stefanie Menke

Stefanie Menke

Bildung und Soziales


Wie mobil werden wir in Zukunft sein? Und was können wir jetzt tun, um die Mobilitätswende voranzutreiben? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Stefanie Menke. Sie ist Mobilitätsexpertin und Mitbegründerin des Mobilitätsnetzwerks Bildung, kurz MoNet Bildung. MoNet Bildung ist ein innovatives Portal für Weiterbildung und Wissensaustausch im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs, das den Nutzenden personalisierte Empfehlungen und Unterstützungsmöglichkeiten anbietet. Warum es einen großen Bedarf an Weiterbildungsformaten und Netzwerkmöglichkeiten in der Mobilitätsbranche gibt und wie Deutschland von anderen Regionen in Bezug auf die Verkehrswende lernen kann, erklärt Stefanie Menke im Interview.

Frau Menke, Sie sind Mobilitätsexpertin und haben MoNet Bildung mitgegründet. Woran mangelt es derzeit in der Mobilitätsbranche?

Es ist schwierig einen Mangel zu benennen, denn die Branche steht vor vielseitigen Herausforderungen: Durch die Anforderungen der Mobilitätswende gibt es viele Innovationspotenziale, da geht es um Elektromobilität, autonomes Fahren und die Verlagerung des Verkehrs weg von der Straße auf die Schiene. Innovationen bringen aber auch Herausforderungen mit sich. Gerade auch für die Mitarbeitenden in Verkehrsunternehmen, die einen hohen Bedarf an Weiterbildung und Wissensaustausch haben. Genau hier setzt das Mobilitätsnetzwerk Bildung an, es unterstützt die Beschäftigten mit der digitalen Plattform.

Was hat Sie dazu bewegt die Vernetzungsplattform ins Leben zu rufen? Was macht das Mobilitätsnetzwerk Bildung innovativ?

MoNet Bildung entsteht im Projekt NetÖV, das im Innovationswettbewerb INVITE des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) gefördert wird. Mit der Vernetzungsplattform schaffen wir einen branchenweiten Zugang zu Bildungsangeboten und ermöglichen es Mitarbeitenden aus unterschiedlichen Verkehrsunternehmen, sich miteinander zu vernetzen. Bisher gibt es keinen zentralen Zugang zu Bildungsangeboten für unsere Branche. Das ist aber aufgrund des hohen Weiterbildungsbedarfs ein wichtiges Tool. Gleichzeitig gibt es einen sehr hohen Bedarf an Wissensaustausch, den wir mit dem Netzwerk stillen.

Warum ist es insbesondere in der Mobilitätsbranche wichtig und hilfreich, auf ein digitales Netzwerk zugreifen zu können? Welches Potenzial sehen Sie hier?

Der fachliche Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Unternehmen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen, kann eine echte Erleichterung im Arbeitsalltag sein. Und in der Branche gibt es auch schon eine Kultur des Austauschs und des Teilens von Good-Practices. Allerdings fehlt ein entsprechendes Tool, um den Wissensaustausch in den Arbeitsalltag zu integrieren. Ich glaube, dass hierfür ein digitales Netzwerk genau das richtige Werkzeug ist. MoNet Bildung hat das Potenzial für schnelleren, besseren und mehr Austausch, den die Branche künftig brauchen wird.

Es besteht ein Arbeits- und Fachkräftemangel in der Mobilitätsbranche. Zeitnah werden viele weitere Mitarbeitende in den Ruhestand gehen. Mit was für Folgen rechnen Sie?

Wir rechnen damit, dass bis 2030 in der gesamten Branche rund 80.000 Beschäftigte in den Ruhestand gehen werden. Gleichzeitig steigt der Arbeits- und Fachkräftebedarf, um die Ziele der Mobilitätswende erreichen zu können. Damit wird auch der Informations- und Weiterbildungsbedarf deutlich ansteigen. Deshalb glaube ich, dass es sehr wichtig ist, schon jetzt die passenden Hilfsmittel zu entwickeln. Ohne die passenden Tools wie MoNet Bildung können diese Herausforderungen nicht bewältigt werden.

Wir rechnen damit, dass bis 2030 in der gesamten Branche rund 80.000 Beschäftigte in den Ruhestand gehen werden. Gleichzeitig steigt der Arbeits- und Fachkräftebedarf, um die Ziele der Mobilitätswende erreichen zu können.

Werfen wir einmal einen Blick auf andere Länder. Gibt es in anderen Regionen Vorzeigemodelle, in denen die Verkehrswende bereits eine fortschrittliche Entwicklung vollzogen hat, von der wir in Deutschland noch etwas lernen können?

In der Schweiz wird schon seit den 1980er Jahren intensiv in die Schiene investiert. Der Schienenverkehr ist zuverlässig und wird von vielen Menschen genutzt. In Kopenhagen sind inzwischen mehr Fahrräder als Autos auf den Straßen. Paris, London und Barcelona erproben Modelle, um die Innenstädte attraktiver zu machen. Aber auch in Deutschland werden, wie zuletzt in Berlin, Versuche unternommen, um den Autoverkehr in den Städten zu reduzieren. Das sind gute Beispiele, die auch zeigen, dass es innovative Konzepte, Mut zur Erprobung und nicht zuletzt die Bereitschaft zu Investitionen braucht.

Wenn wir das Gefühl verlieren, auf ein Auto angewiesen zu sein, gewinnen wir alle.

Wie mobil werden wir in 20 Jahren sein? Und wie sähe für Sie persönlich eine optimale Mobilitätswende aus, wenn wir in die Zukunft blicken? Worauf sollte hier der Fokus gerichtet sein?

Ich wünsche mir, dass wir in 20 Jahren einen sehr gut ausgebauten ÖPNV und eine starke Schiene haben. Öffentliche Mobilität sollte Spaß machen und idealerweise attraktiv, sicher und zuverlässig für einen möglichst großen Teil der Menschen sein. Dazu gehört für mich auch ein gleichberechtigtes Nebeneinander von verschiedenen Mobilitätsformen. Die Innenstädte wünsche ich mir grün und den ländlichen Raum gut angebunden. Wenn wir das Gefühl verlieren, auf ein Auto angewiesen zu sein, gewinnen wir alle.

Dieses Interview führte Annik Olivier

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