Mode ist in unserer Gesellschaft eine ständige Begleitung. Sie ist omnipräsent – in Geschäften und Onlineshops, in Zeitschriften, Film und Fernsehen und überall dort, wo Menschen aufeinandertreffen. Mode ist längst nicht mehr rein funktionell, sondern vielmehr Ausdruck der Persönlichkeit geworden. In den vergangenen Jahren ist Nachhaltigkeit zu einem zentralen Thema in der Modeindustrie geworden. Immer mehr Verbraucher*innen wünschen sich Alternativen zur Fast Fashion, der Massenproduktion modischer, meist kostengünstiger und oftmals qualitativ minderwertiger Kleidung. Doch wie lässt sich Mode ressourcenschonend, fair und nachhaltig herstellen und vertreiben? Hier setzt die Slow Fashion-Bewegung an. Und ersinnt neue und innovative Wege für die Modewelt von morgen.
Fast Fashion oder die Demokratisierung der Modewelt
120 Milliarden Kleidungsstücke werden jährlich hergestellt (themen.kleinanzeigen.de). Shoppen ist zu einer massentauglichen Freizeitbeschäftigung geworden und noch nie waren Bekleidungsstücke so erschwinglich. In diesem Kontext ist auch von der Demokratisierung der Modewelt die Rede (demosmag.de). Denn was Mitte des vergangenen Jahrhunderts noch einer reichen Elite vorbehalten war, ist jetzt allen möglich: Mode.
Die stetig wachsende Nachfrage nach Kleidungsstücken führt zu einer sich rasch steigernden Produktion. Konsument*innen und Modelabels stehen im Wettlauf um die hippsten und günstigsten Klamotten. Moderiesen wie Zara, H&M oder Shein bringen zahlreiche Kollektionen jährlich auf den Markt und machen Rekordgewinne in Milliardenhöhe (de.statista.com). Dieses Konzept nennt sich Fast Fashion.
Der hohe Bedarf an einer schnellen Produktion von Kleidung hat Auswirkungen auf den Produktionsprozess, die Arbeitsbedingungen und unsere Umwelt. Und zwar enorme. Die Textilindustrie ist die Branche mit der zweitschlechtesten Umweltbilanz (europarl.europa.eu). Chemikalien, die zur Färbung der Textilien eingesetzt werden, zerstören Ökosysteme und vergiften das Trinkwasser in den ohnehin schon gebeutelten Herstellungsländern wie Pakistan, Indien oder Indonesien. Die Textilarbeiter*innen arbeiten unter prekären Bedingungen und werden schlecht entlohnt.
Von Fast Fashion zu Slow Fashion
Slow Fashion hat sich in Deutschland zu einer Bewegung entwickelt, die alternative Ansätze zur konventionellen Modeindustrie ergründet. Das Ziel ist es, eine nachhaltigere Mode zu etablieren. Weg vom Hyperkonsum, hin zu einer bewussten Auseinandersetzung mit alldem, was ein Kleidungsstück ausmacht. Verbraucher*innen sollen wenige Kleidungsstücke kaufen und diese Kleidung lange tragen können, da sie qualitativ hochwertig und nicht an Trends gebunden sind.
Slow Fashion unterscheidet sich in vielen Punkten fundamental von Fast Fashion. Sie ist zeitlos, individuell und hochwertig und wird aus nachhaltigen Materialien und mit umweltschonenden Produktionsverfahren hergestellt. Bei der Umgestaltung der Modeindustrie kommt Innovationen eine tragende Rolle zu. Sie ermöglichen es, bezahlbare aber wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltige Lösungen zu finden. In der Datenbank der Plattform #InnovativeFrauen sind zahlreiche Expertinnen zu finden, die die Slow Fashion-Bewegung vorantreiben und ein Umdenken in Bezug auf die Herstellung und den Konsum von Mode forcieren.
Zeitlos und hochwertig statt kurzlebig und billig
Slow Fashion-Labels setzen auf zeitlose Designs und qualitativ hochwertige Materialien. Die Kleidungsstücke sind langlebig und können über mehrere Saisons hinweg getragen werden.
Eine Möglichkeit, Anziehsachen langlebig und zeitlos aufzubereiten bietet die Innovation von Anna Hadzelek und Emmy Schumacher. Mit ihrer Firma RE-SHIRT haben sie zwei innovative Ideen entwickelt, die bedruckte Textilien als wirklich nachhaltige Kreislaufprodukte denken.
Die Gründerin Antonia Berndt entwickelt Slow Fashion-Warnwesten in unterschiedlichen Konfektionsgrößen und bunten Farben. Sie werden fair und nachhaltig produziert. Was hinter ihrem Konzept steckt und worauf Antonia besonders stolz ist, berichtet sie im Videoporträt.
Nachhaltige Materialien und Produktionsverfahren statt Umweltverschmutzung
Slow Fashion-Labels verwenden umweltfreundliche Materialien wie Bio-Baumwolle, recycelte Stoffe oder Naturfasern und greifen auf innovative Färbemethoden zurück. Ebenfalls setzen sie auf möglichst transparente und faire Produktionsprozesse.
Dr'in Anne-Christin Bansleben ist Pflanzenanalytikerin, Ernährungswissenschaftlerin und Unternehmerin und hat eine umweltfreundliche Alternative zur konventionellen und umweltbedenklichen Chromgerbung von Leder entwickelt: Rhababerleder. Wie sie dazu gekommen ist und wo das Slow Fashion-Leder seinen Einsatz findet, erzählt sie in einer Folge des Podcasts #ForscherinnenFreitag.
Auch Charlotte Werth setzt sich seit Jahren mit umweltfreundlichen Produktionsverfahren auseinander und hat eine preisgekrönte Färbemethode mit Bakterien entwickelt. Mit ihrer Arbeit stellt sie nicht nur hochwertige Mode am Puls der Zeit her, sondern möchte gleichzeitig eine positive Perspektive auf Bakterien anbieten, die den Körper vor negativen Umwelteinflüssen schützen. Zum Interview
Auf Nachhaltigkeit der von ihr entwickelten Periodenunterwäsche achtet die Innovatorin Natalie Wunder. Die Besonderheit ist der ausschließliche Gebrauch natürlicher Fasern innerhalb des vierlagigen Produkts. Durch den Einsatz von funktionalisierten Viskosefasern wird die Performance des Kleidungsstücks gesteigert und die Unterwäsche ist biologisch abbaubar.
Handwerkskunst und Individualität statt Massenproduktion
Im Gegensatz zur Fast Fashion legt Slow Fashion Wert auf handwerkliche Arbeit und Individualität. Kleidungsstücke werden oftmals in kleinen Manufakturen oder von unabhängigen Designer*innen entworfen und hergestellt. Viele Stücke sind Unikate und werden in geringer Auflage produziert. Neben der wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit spielt auch die soziale Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle. Das bedeutet, dass mittel- und unmittelbar am Produktions- und Vertriebsprozess beteiligte Menschen fair behandelt und entlohnt werden.
Zahlreiche talentierte Designer*innen setzen auf Slow Fashion und schaffen einzigartige, nachhaltige Kollektionen. So auch Julia A. Müller, die Gründerin des Slow Fashion-Labels ANNAMARIAANGELIKA. Ihre Ideen und Inspirationen findet Julia A. Müller in Peru, wo ihre Kleidungsstücke mit lokalen Gütern unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen produziert werden. Ihr innovatives Modekonzept ist fair und nachhaltig, denn bei der Produktion fällt kein Abfall an und die Transportwege sind kurz. Mehr Infos über das innovative Slow Fashion-Label gibt es im Videoporträt.
Auch Beatrace Angut Lorika Oola trägt mit dem von ihr gegründeten Mode-Netzwerk Fashion Africa Now zu einem Wandel der schnelllebigen Modeindustrie bei. Im Videoporträt erläutert sie, welche wichtigen neuen Perspektiven das Netzwerk im Modesystem schafft.
Slow Fashion gewinnt in Deutschland sowie international zunehmend an Bedeutung. Weibliche Innovationskraft trägt maßgeblich dazu bei, nachhaltiges Denken und Handeln in der Modebranche zu etablieren und ein Bewusstsein für die Bedeutung einer verantwortungsvollen und ethischen Mode zu schaffen.
Mehr über die Slow Fashion-Bewegung erfahren? Im Open Mic der Plattform #InnovativeFrauen zum Thema "Nachhaltige Mode" erörtern drei Expertinnen ihre innovativen Konzepte und diskutieren, wie Nachhaltigkeit, Fairness und Mode in Einklang gebracht werden können.
Erfindung aus der Not: Nachhaltige Warnwesten im innovativen Design
Videoporträt von Antonia Berndt
Was ist Rhabarberleder?
Podcast #ForscherinnenFreitag mit Anne-Christin Bansleben
Nachhaltige Methoden der Stofffärbung
Interview mit Charlotte Werth, Designerin an der Schnittstelle von Textil- und Biodesign
Innovatives Konzept ohne Abfall: Nachhaltige und faire Mode
Videoporträt von Julia A. Müller
Neue Perspektiven für ein Modesystem ohne Ausbeutung
Videoporträt von Beatrace Angut Lorika Oola